Filmnacht 2020: Südkorea abgesagt

  • Samstag, 31. OKTOBER 2020
  • Kollegiums-Saal Brig
  • Vorverkauf / Reservation: Brig Simplon Tourismus AG, 027 921 60 30
    Wir bitten um Reservation bis 30.10.2019
  • Eintritt CHF 55.- (2 Filme + Menu)
  • Kassaöffnung und Apéro ab 18.00 Uhr / Filmbeginn 18.30 Uhr

Südkorea hat viel geschafft in den vergangenen Jahrzehnten. Es hat japanische Besetzung, Krieg und autoritäre Machthaber hinter sich gelassen. Hat es mit Hightech zu Geld gebracht und sich zu einer geachteten Wirtschaftswundernation entwickelt. Aber Südkorea wird im Ausland auch oft unterschätzt als Land der leichten Muße und des Kommerzes. Südkoreas wichtigste Botschafter? Wahrscheinlich die K-Pop-Boy-Gruppe BTS und der Elektronikhersteller Samsung. Dabei durchlebt die junge demokratische Marktwirtschaft gerade so etwas wie ihre Pubertät. Laut zankend ringt sie um Selbstfindung und Zukunft.

Daraus ergeben sich tolle Stoffe für Filmemacher, die originell und zeitkritisch sein wollen. Und die außerdem die Tradition des südkoreanischen Kinos fortführen wollen. Denn dieses ist seit dem Zweiten Weltkrieg eine Konstante in der Geschichte des Landes gewesen und ein Spiegel seiner Zeit. Südkoreanische Filmemacher waren immer produktiv, mal weniger, mal mehr. Sie griffen die Begeisterung über die Befreiung von japanischer Herrschaft auf. Darbten zu Zeiten des Korea-Kriegs. Waren bis in die Achtzigerjahre hinein Zensur und Propaganda ausgesetzt. Und wurden danach zu Botschaftern des neuen demokratischen Zeitgeistes, in die in den Neunzigern auch die Jaebols investierten, Südkoreas mächtige Familienmischkonzerne.

Deren Filmförderung wurde wieder schmaler, als sich 1997 Asiens Finanzkrise auswirkte. Aber da waren die Fundamente schon gelegt für eine neue Blüte des südkoreanischen Kinos, das zunächst Kassenschlager für den heimischen Markt vorlegte, aber bald auch international gelobte Produktionen hervorbrachte, vor allem 2003 die Comic-Adaption „Oldboy“ von Regisseur Park Chan-wook.

Heute ist Entertainment eine Art bejubelter Nationalsport in Südkorea, den einflussreiche Produktionsfirmen organisieren. Hallyu, der chinesische Begriff für koreanische Welle, hat sich als Markenname für alle möglichen südkoreanischen Kulturbeiträge etabliert. Das Kino lebt und liefert, macht längst auch mit amerikanischen Streamingdiensten Geschäfte und wirkt gesund. Das Filmfestival von Busan gilt als das wichtigste in Asien. Die Oscars für Bongs „Parasite“ passen ins Bild.

„An der Oberfläche sieht Korea heute aus wie ein sehr reiches, glänzendes Land mit K-Pop, High-Speed-Internet und IT-Technologie“, hat Bong einmal in einem Interview gesagt, „aber die soziale Schere geht auseinander. Gerade die junge Generation fühlt viel Verzweiflung.“

Seoul liefert die Kulisse für diese Kontraste. In den Hochhausvierteln sieht die Stadt makellos und großzügig aus. Kunstwerke, teure Coffeeshops, Einkaufszentren. Nur wenige Straßenzüge weiter aber: verwinkelte Straßen, ärmliche Fassaden. Und anders als in Japan liegen die Konflikte hier nicht unter dem dämpfenden Gehorsam der Kollektivgesellschaft verborgen. Jeden Tag gibt es Demonstrationen für irgendetwas. Liberales Denken greift um sich, was wiederum konservative Leute zu donnerndem Zorn reizt. Mal trifft man leise, feinsinnige Menschen, dann wieder laute, ungeschlachte. Man spürt, wie unausgeglichen Südkoreas junge Vielfaltsgesellschaft noch ist. Ein Filmemacher muss sie im Grunde nur beobachten, um sich inspirieren zu lassen.

 

Frühling, Sommer, Herbst, Winter … und Frühling           

Südkorea      2003        102 Min.

Regie:  Kim Ki-duk

DarstellerInnen:

Oh Yeong-su: Alter Mönch

Kim Ki-duk: Mönch im Winter/… und Frühling

Kim Young-min: ehem. Novize im Herbst

 

Das Leben: Die Jahreszeiten, der Zyklus von Geburt, Wachstum und Verfall. Auch in der Einsiedelei gelingt es den Mönchen nicht sich davor zu bewahren. Die Geschichte eines Mönches, der schmerzliche Erfahrungen macht. Er (Young-min Kim) verliert seine Unschuld, verliebt sich und erlebt schließlich das mörderische Gefühl der Eifersucht. Die innere Balance wird durch seine Gefühle außer Kraft gesetzt. Unter der Anleitung seines Meisters muss der junge Mönch in der Einsamkeit eines auf einem Bergsee schwimmenden Floßes, auf dem sich eine Hütte befindet, die spirituelle Reinheit lernen. Seine Lektionen sind dabei von Buße und Schmerz geprägt. Gelegentlich bricht das weltliche Leben in Form der seltenen Besucher in die Abgeschiedenheit ein und hinterlässt seine Spuren. Mit diesen Einflüssen umzugehen ist eine der schwierigsten Aufgaben, denen sich der Mönch (Ki-duk Kim) stellen muss.

Drehort war der Stausee Jusanji im  Juwangsan-Nationalpark  von Cheongsong-gun in der südkoreanischen Provinz Gyeongsangbuk-do.  Als Filmkulisse diente eine auf dem See schwimmende Einsiedelei, welche nach dem Ende der Dreharbeiten wieder abgebaut wurde.

Der Film hatte am 14. August 2003 auf dem Filmfestival von Locarno Premiere.

 

 

 

Burning

Südkorea            2018          148 Min.

Regie: Lee Chang-dong

DarstellerInnen:

Yoo Ah-in: Lee Jongsu

Steven Yeun: Ben

Jeon Jong-seo: Shin Haemi

 

Der junge Lee Jongsu trifft während eines Nebenjobs auf seine ehemalige Mitschülerin Shin Haemi. Nach einer gemeinsamen Nacht bittet Haemi ihn, auf ihre Katze aufzupassen, weil sie für ein paar Wochen nach Afrika auf Erlebnisreise geht. Jongsu bekommt die Katze in dem kleinen Zimmer nie zu Gesicht, jedoch ist der Futternapf stets leer und das Katzenklo voll. Jongsu muss außerdem auf die Kuhfarm seines Vaters aufpassen, der wegen Körperverletzung eines Polizeibeamten vor Gericht steht. Haemi kehrt zurück, aber in Begleitung des wohlhabenden und mysteriösen Ben. Jongsu ist zu schüchtern, Haemi seine Liebe zu gestehen und scheint auch nicht in der gleichen Liga wie Ben zu spielen. Plötzlich verschwindet Haemi spurlos und die verzweifelte Suche nach ihr stürzt Jongsu in ein Labyrinth aus Misstrauen und Paranoia.

Kameramann Hong Kyung-pyo gelingt es, trotz stets fliegender Handkamera genug Außenwelt zu zeigen. Das bereitet nicht nur den Weg zur koreanischen Kultur, sondern wird auch visuell zu einem Augenschmaus. Die Enge der Großstadt wechselt mit der offenen Landschaft der Grenzstadt Paju ab. Ein Film der Gegensätze: arm und reich, frei und eingesperrt, kreativ und zerstörerisch, spontan und fokussiert